Matthias Bacher und Bernhard J. Steinhoff

Epilepsiezentrum Kork, Kehl-Kork, Deutschland

Patienten und Methodik:

Retrospektiver Auswertung der ambulanten und stationären Akten von Patienten der Erwachsenenklinik des Epilepsiezentrums Kork, deren ZNS-Behandlung im Zeitraum 15.6. bis 31.12.2005 begonnen wurde. Von 57 Behandlungsfällen waren N = 51 ( = 100%) auswertbar. 96% symptomatische oder kryptogene fokale Epilepsien, 4% idiopathische generalisierte Epilepsie.Therapieresistenz in 100%. 42% Männer, 57% Frauen. Mittleres Alter bei Beginn der ZNS-Therapie: 40 Jahre (18 bis 69). Mittlere Epilepsiedauer bis zum Beginn der ZNS- Therapie: 29Jahre ( 9-52). Zahl der vor ZNS jeweils bereits verwendeten AED: 9,3 (3 bis 16). In allen Fällen handelte es sich um eine ZNS-add-on-Therapie (die meisten Patienten hatten 2 oder 3 weitere AED). Mittlere maximale ZNS-Dosis: 300 mg (100 bis 500mg). Mittlere Behandlungsdauer (bis zum Absetzen oder bis zum Auswertungszeitpunkt): 11 Monate (1,5 bis 21)

Ergebnisse Wirksamkeit

2006 2007

Nicht zu ermitteln 5,5% 4%

Anfallsverschlechterung 9,1% 12%

Kein Effekt auf die Anfälle 47,3% 59%

Anfallsverbessserung 38,2% 25%

gering/unter 50% 20% 20%

gut/über 50% 16,4% 5%

Anfallsfreiheit 1,8% 0%

Beurteilung:

Für unsere Gruppe von Epilepsiepatienten mit höchstgradiger Therapieresistenz und langjährigem Epilepsieverlauf, deren ZNS-Behandlung im Jahre 2005 initiiert wurde, berichten wir nach unserer ersten Mitteilung vor einem Jahr nun zum zweiten Mal über das Follow up, 16 Monate nach Abschluss des Rekrutierungszeitraums. Der Anteil der noch unter ZNS-Therapie stehenden Patienten hat sich von damals 75% auf nun 45% verringert, was in fast allen Fällen darauf zurückzuführen ist, dass sich eine damals nach kurzer Behandlugsdauer noch positive Einschätzung der Wirksamkeit im weiteren Verlauf als nicht fundiert erwiesen hat. Unter Berücksichtigung der Verzögerungen, denen im praktischen Alltag mit seinen organisatorischen Zwängen das Fällen eines definitiven Urteils über die Wirksamkeit einer antiepileptischen Therapie unterliegt, sollte daraus nicht der Schluss auf einen Wirkungsverlust nach anfänglicher Wirksamkeit gezogen werden. Von den seit 4/07 verzeichneten Therapieabbrüchen erfolgte nur einer wegen seitdem neuaufgetretener Nebenwirkungen (Nierensteine). Man kann also davon ausgehen, dass abgesehen von Nierensteinen sich die anderen ZNS-Nebenwirkungen schon früh im Behandlungsverlauf manifestieren und wenn, dann zu einem frühen Zeitraum behandlungslimitierend wirken. Wir beabsichtigen, in einem Jahr erneut über dieselbe Patientengruppe zu berichten.

Unter Berücksichtigung des extremen Schweregrades der Epilepsien in unserer Behandlungsgruppe ist auch das Ergebnis von 25% von Fällen mit einer positiven Beeinflussung der Anfallsituation unter ZNS 16 Monate nach Abschluss der Rekrutierugnsfrist als erfreulich zu werten.

ZNS hat sich in unserer Antiepileptica-Palette seinen Platz gesichert und findet in unserer Klinik breite Anwendung.

87

C

Hintergrund und Fragestellung

:

Zonisamid (ZNS) wurde im Juni 2005 in Europa zugelassen (Zonegran) zur Zusatztherapie erwachsener Patienten mit fokalen Anfällen mit oder ohne sekundäre Generalisierung. In Japan ist ZNS seit 1989, in den USA seit 2000 zugelassen und in breitem Gebrauch. Auf dem Liga-Kongresss in Strasbourg 5/2006 haben wir erstmals über die Behandlungsergebnisse einer Patientengruppe berichtet, deren ZNS-Behandlung im Zeitraum von Juni bis Dezember 2005 begonen hat. Wir berichten jetzt nach einem zusätzlichen Jahr Beobachtungszeit erneut über die gleiche Patientengruppe.

ZNS

Chemie: ZNS ist ein Benzisoxazol mit einer Sulfonamid-Gruppe (1,2-Benzisoxazol-3-Methansulfonamid). Wirkmechanismus: Blockade spannungsabhängiger Ionenkanäle (Na+-Kanäle, T- Typ Ca2+-Kanäle). Glutamat: Reduktion der präsynaptischen Freisetzung und Verstärkung des Abtransports aus synaptischem Spalt. GABA: Anhebung der hippocampalen Freisetzung und reduzierter Abtransport aus synaptischem Spalt. ZNS ist ein schwacher Carboanhydrasehemmer (180 mal schwächer als Acetazolamid). Pharmakokinetik: Bioverfügbarkeit 100%. Plasma-HWZ 63 Std. Plasmaspitzenspiegel nach Einmaldosis nach 2-6 Std. Plasmaeiweissbindung 40 - 50%. Therapeutischer Bereich 10 – 40 ?g/ml. Metabolismus und Ausscheidung: Ausscheidung renal, 35% unverändert, 15% als N-Acetyl-Zonisamid, 50% als als Glucuronid von 2-Sulfanomylacetylphenol (SMAP). Letzteres entsteht unter Beteiligung von CYP3A4. lnteraktionen: Enzyminduzierenden AED erhöhen die Plasmaclearance von ZNS, verkürzen die Plasma-HWZ auf etwa die Hälfte und erniedrigen den Plasmaspiegel (HWZ in Kombination mit PHT 27h, mit PB oder CBZ 38h). Gleichartig, wenn auch geringer (um 25%) wirkt VPA (HWZ 46h). ZNS seinerseits hat keinen induzierenden oder inhibitorischen Effekt auf die CYP450- Enzyme. Dosierung Startdosis 50 mg, wöchentliche Steigerung bis Tagesdosis 400 bis 600 mg, in ein oder zwei Einzelgaben. Zulassungsstudie (Brodie et al. Epilepsia 2005; 46: 31-41): Bereits bei TD 100 mg beginnende, bis TD 500 mg (höchste in dieser Studie untersuchte Dosis) dosisabhängig zunehmende Wirkung, unter 500mg Reduktion der Anfallshäufigkeit und Responderrate ca 50%, Anfallsfreiheit 6%, bei einfach- und komplex-fokalen Anfällen und tonisch-klonischen Anfällen bei fokalen Epilepsien. Wesentliche Nebenwirkungen: Müdigkeit, Schwindel, Appetitminderung/Gewichtsverlust, in der Regel leicht bis mässig und nur vorübergehend. Weitere bekannte ZNS - Nebenwirkungen: Kognitive Verlangsamung, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen , Sprachstörungen (v.a. Wortfindungsstörungen), Antriebsverminderung. Stimmungslabilität, Depressionen, produktiv-psychotische Symptome. Ataxie. Kopfschmerzen. Allergie ( ZNS ist ein Sulfonamid, hat aber ein geringeres allergisches Potential). Hypohydrosis und gesteigerte Körpertemperatur (Kinder, heisse Witterung). Nierensteine sind in den placebokontrollierten Studien nicht, in den Post-marketing-Studien in Japan und den USA nur sehr selten aufgetreten. Teratogenität ist aufgrund von Tierversuchen zu erwarten. In offenen Langzeitstudien (1207 Patienten) kein Wirkungsverlust und bezüglich der Verträglichkeit keine zusätzlichen Aspekte.

Ergebnisse Verträglichkeit

2006 2007

Unerwünschte Effekte 51% 51%

Appetitminderung, Gewichtsverlust 18% 20%

Müdigkeit 18% 20% Antriebsmangel, Verlangsamung 13,5% 14%

Stimmungsveränderungen 7,3% 8%

Abdominelle Beschwerden 5,5% 6%

Konzentrationsstörungen 3,6% 4% Schwindel, Schlafstörungen, Wortfindungs- störungen, Tremor, psychotische Symptome, Parästhesien, Nierensteine jeweils 1,8%

Retentionsrate und Abbruchgründe

4/2006 4/2007

Retentionsrate 75% 45%

Abbruchgründe

mangelnde Wirkung 43% 68%

Anfallszunahme 36% 21%

Nebenwirkungen 43% 42%

Gesamturteil über ZNS:

2006 2007

sehr gut 1,8% 0%

 

gut/gut bis indifferent 45,5% 33% indifferent 25,5% 35% indifferent bis schlecht/schlecht 20% 27% sehr schlecht 3,6% 4% nicht bestimmbar 3,6% 0%

 

 

Wirksamkeit und Verträglichkeit von Zonisamid

 

 

 

 

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