Diesen Text hab ich geschrieben 1994: ich sollte über mich
und
mein Leben so ehrlich
wie möglich schreiben und das kamm dabei raus !
VERGANGENHEIT
Ich war angeblich bei Pflegeeltern. Lang habe ich es geglaubt, doch jetzt habe
ich Zweifel.
Dann war ich bei meiner Mutter. Die hatte einen Amerikaner als Freund. Der
redete ganz vernünftig mit uns, wenn wir
etwas angestellt hatten, so dass wir es auch verstanden und einsahen. Dennoch
holte es danach seinen Gürtel raus
und verdrosch uns.
Wenn ich heute daran denke, bekomm ich einen Hass und oft Tränen in die
Augen.
Später kam ich zu Übergangspflegeeltern, die ganz okay waren. Danach wieder
zu anderen Eltern. Die waren sehr
streng, aber doch irgendwie okay, vor allem er. Dazwischen Krankenhäuser und
immer öfters und länger.
Und immer wieder bei meiner Mutter, die dauernd woanders wohnte und ich zog
mit. Meine Mutter hatte wieder einen
neuen Ami und ich war immer nur noch bei meiner Mutter beziehungsweise im
Krankenhaus, aber nicht mehr bei
Pflegeeltern. Nur mein Bruder blieb dort.
Er fuhr mit ihnen in den Urlaub oder Liefern für die Blindenanstalt. Mein
Bruder durfte immer sein Trinkgeld behalten.
Sie waren auch viel so unterwegs, bis er 14 war. Dann kam er wieder und für
immer zu unserer Mutter. Ich war
meistens im Krankenhaus.
Meine Mutter kam sehr oft, doch fühlte ich mich immer einsamer und liebloser,
denn wenn meine Mutter kamm, gab sie
mir ein neues Spielzeug, ein paar Mark und ging dann auch sehr schnell wieder.
Ich freute mich über das Spielzeug,
aber ziemlich schnell lag es wieder in der Ecke, da ich merkte, dass etwas
fehlte.
Besonders fehlte mir ein Gefühl, was ich besonders merkte, wenn andere Eltern
kamen und mit ihren Kindern
spielten, lachten, redeten und vor allem wenn sie von zu Hause redeten.
Ich freute mich, wenn ich raus kam. Doch bald merkte ich, dass das Gefühl,
wie im Krankenhaus, hier noch schlimmer
war, denn hier draußen waren noch weniger Menschen mit denen man reden
konnte. Reden über meine Gefühle,
Wünsche und Bedürfnisse.
Vor allem hatte ich das Gefühl, das es meiner Mutter ganz recht war, das ich
nicht da war und so blieb ich meistens
wegen irgendwas in irgendeinem Krankenhaus.
Manche Gefühle wurden intensiver und so versuchte ich sie zu befriedigen,
indem ich dieses Bedürfnis suchte. Doch
das gab es in vielen Formen, wie Zärtlichkeit, Geborgenheit oder einfach zu
jemandem zu gehören. Jemand, mit dem
man über seine Bedürfnisse, Gefühle und Träume reden konnte, ohne Angst zu
haben.
Manchmal glaubte man, es gefunden zu haben. Doch schnell merkte man, dass
es doch nicht das war, was man
suchte. Man hatte zwar engeren Kontakt, doch das ist nicht alles, doch für
viele schon. Es nervte mich, denn ich wollte
ihn auch, aber nicht dauernd und nicht gleich. Und irgendwann war das
Bedürfnis, aber da mal miteinander zu
schlafen. Und wo? Ich überlegte mit ihr, wohin wir gehen könnten. Wir fanden
einen Ort und als wir da waren, war es
ein komisches Gefühl. Wie fängt man am besten an und womit? Ich war sehr
nervös. Ein Gefühl von Angst, Neugierde
und Spannung. Aber das schönste Gefühl war, sich zueinander hingezogen zu
fühlen, dass man das miteinander
wollte. Die Gefühle währenddessen kann man nicht sagen, denn es waren zu
viele.
Doch wir fühlten uns gut, obwohl wir wussten, dass wir es miteinander nie
wieder erleben würden, denn wir wurden
bald entlassen. Und es war auch so und ich fühlte oft das Gefühl der Sehnsucht
und man machte sich wieder auf die
Suche nach dem Menschen, der einen die gewissen Gefühle gibt. Man fand viele
Menschen, aber nur für kurz oder sie
hatten andere Bedürfnisse und Gefühle. So ging es Jahre.
Einmal war der Mensch gefunden und doch mussten wir uns wieder trennen,
denn meine Anfälle haben mal wieder
was dagegen gehabt. Am liebsten Hätte ich mir die Kugel gegeben, aber mein
Ich stand wieder auf und suchte und
suchte. Ich fand und wir liebten uns, so dass wir heiraten wollten, aber einen
Tag zuvor erhob ihr Vater Einspruch und
wieso? – Wegen meiner Anfälle. Danach waren wir zwar noch zusammen, sogar
mit Kind, doch langsam ging alles
kaputt, bis zum Aus.
Und ich stand wieder auf, doch was ich suchte, gibt es anscheinend nicht oder
vielleicht doch?
Jedenfalls lebe ich ohne zu leben, wandere von Ort zu Ort und komme nirgends
an. Ich bin da zu Hause, wo ich gerade
bin und jetzt bin ich hier und irgendwann zieh ich zum nächsten Ort, wenn ich
raus komme.
Ist okay, aber wenn ich draußen bin, frage ich mich, wieso? Es gibt doch
niemanden, dem ich fehle, außer der Band
und das sind nicht viele.
Manchmal frage ich wieso, weshalb, warum bin ich überhaupt da? Denn bis jetzt
habe ich mich durch das Leben
gewühlt und hoffentlich muss ich mich nicht hier auch noch durch wühlen, denn
langsam habe ich keine Lust und
Power mehr. Ob ich es hier schaffe, weiß ich nicht. Ich hoffe es für mich.
Denn ich möchte mal wissen, wo ich
hingehöre und nicht da, wo ich gerade bin. Wenn ich mal sterbe, möchte ich
mir nicht das Leben vorstellen müssen,
wie es nicht war, denn ich möchte die Zukunft nicht so erleben, wie ich die
Vergangenheit gelebt habe. Doch wie soll
ich die Zukunft leben?
Und wie gesagt, ich sitze hier und habe Angst, jemandem zu vertrauen, weil er
mich ja verletzen könnte. Ich weiß
nicht, was auf mich zukommt. Ob ich die Mauer um mich herum einreißen lasse,
denn nach außen sehe ich aggressiv
und kräftig aus. Doch keiner sieht, was in mir ist. Und das was ich oft von mir
zeige, wird zerstört und wieso? Weil ich
sie zuviel über meine Mauer habe schauen lassen.
Das sind Sachen, über die ich zur Zeit hier nachdenke und es rollt eine Lawine
von Gefühlen auf mich zu. Ich frage
mich, soll ich drüberhupfen oder noch eine Mauer bauen. Und dann?
Auf dem Weg durch mein Leben stand ich oft frierend draußen. Wenn ich dann
zu spät wo ankam, wurde ich dafür
noch bestraft.
Genauso in Bamberg – da sagten die Pfleger, wenn du nicht brav bist, kommst
du in die Erwachsenenabteilung. Da
waren alle fixiert und das nackig und ohne Decken. Über 40 Leute in einem
Saal. Dann eine Untersuchung,
Schlafentzugs – EEG, und ich kam zu den Erwachsenen, obwohl ich nichts tat.
Das mit ca. 9 Jahren. Wie soll man so
etwas vergessen?
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